Sportlotterie: Das Monopol des Lottoblocks wankt

Eine neue Sportlotterie soll mehr Einnahmen für deutsche Spitzensportler generieren. Eventuell zu Lasten des Breitensports. sportschau.de sprach mit einem Spezialisten für Glücksspielrecht.

Die Deutsche Sportlotterie, die im Laufe dieses Frühjahrs starten möchte, ist ein Projekt von Harting und zwei Geschäftspartnern. Mit den Erlösen sollen deutsche Spitzensportler gefördert werden. Das Prinzip: Ein Los kann für 2,50 Euro im Internet gekauft werden. Der Hauptpreis soll 250.000 Euro betragen, es gibt aber auch Wertgewinne wie ein Abendessen mit einem Sportstar. Gezogen werden die Sieger einmal wöchentlich, von jedem eingenommenen Euro gehen mindestens 30 Cent an die Sportler.

An welche Athleten das Geld fließt, entscheidet zunächst die Deutsche Sporthilfe und später ein vierköpfiger Beirat, dem neben Harting unter anderem auch Fünfkämpferin Lena Schöneborn angehört. Durch die gezielte Förderung der Athleten werde der Erfolg bei sportlichen Großereignissen steigen, so die Theorie der Initiatoren.

Sportbünde sehen Gefahren

Kritisch sieht dieses Projekt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB). Er befürchtet einen Lotterie-Wettbewerb zwischen den bisherigen staatlichen Anbietern Toto/Lotto und Glücksspirale auf der einen und der neuen Sportlotterie auf der anderen Seite. Dieser, so die Sorge, gehe zu Ungunsten des Breitensports, der bislang einen großen Teil der insgesamt 500 Mio Euro erhält, die pro Jahr von Toto/Lotto in den deutschen Sport fließen.Die Landessportbünde haben sich bereits im Oktober gegen die Einführung der Deutschen Sportlotterie ausgesprochen, „da die bewährte Förderung des Breitensports sowie des Kinder- und Jugendsports nachhaltig gefährdet würde.“ DOSB-Generaldirektor Michael Vesper riet zu einer sorgfältigen Prüfung: „Wenn dies eine reine Umverteilung zur Folge hätte, wäre für den Sport kein einziger Cent gewonnen.“

Martin Reeckmann kennt das Glück aus vielen Blickwinkeln. Der Regierungsdirektor a. D. war von 1994 bis 2002 beim Land Berlin Referent für Glücksspielwesen. Seit 2003 ist er selbstständiger Rechtsanwalt mit Spezialisierung auf das Glücksspielrecht.

zugehörige Meldung: Sportlotterie gewinnt adidas als Partner

Der Glücksspielstaatsvertrag 2012 – Konzessionsvergabe mit Hindernissen

Beitrag aus MELCHERS LAW: GLÜCKSSPIELRECHT

Am 12. und 13. September fand in Erfurt die Jahreskonferenz der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder statt. Punkt 3 der Tagesordnung beinhaltete die Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags.

Hierbei handelt es sich um denselben Staatsvertrag, welcher erst vor gut einem Jahr, am 01.07.2012, in Kraft trat und zum Ziel hatte, die Glücksspiellandschaft in Deutschland – unter Beibehaltung des staatlichen Lotteriemonopols – zu modernisieren. Zugleich sieht er die Vergabe von 20 Konzessionen an private Unternehmen vor, welche die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten über das Internet erlauben sollen. Ungeachtet der beträchtlichen bereits im Vorfeld geäußerten Kritik am Regelungsmodell begannen die Länder am 08.08.2012 unter der Federführung des Hessischen Innenministeriums mit dem Ausschreibungsverfahren für die Konzessionen.

Mangelnde Transparenz im Vergabeverfahren

Eben jenes Vergabeverfahren konnte bis heute nicht erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. Die Gründe hierfür sind zahlreich. Das zweistufig angelegte, durchaus anspruchsvolle Verfahren, in dessen Verlauf die Bewerber zahlreiche Unterlagen – etwa zur persönlichen Zuverlässigkeit, wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und informationstechnologischen Expertise – beibringen und Erklärungen abgeben mussten, erfuhr deutliche Verzögerungen. Diese waren bedingt durch mehrere behördlich angeordnete Fristverlängerungen, welche ihrerseits maßgeblich durch einen sprunghaft ansteigenden Katalog von Fragen zum zuvor herausgegebenen Informationsmemorandum verursacht wurden. Der Verfahrensablauf wurde von vielen Konzessionsbewerbern als intransparent bewertet mit der Folge, dass sich das Ministerium insgesamt 599 formal eingereichten Fragen zum Verfahren stellen musste. Die Kritik an der Verfahrenstransparenz teilte auch das VG Wiesbaden in seiner Entscheidung in Sachen Victor Chandler (Beschluss vom 30.04.2013 – Az.: 5 L 90/13. WI). In der die Stufe 2 abschließenden Verhandlungsrunde, welche Mitte März stattfand, wurde lediglich 14 Kandidaten die Möglichkeit zur persönlichen Vorstellung ihrer Sicherheits- und Sozialkonzepte gegeben. Aufgrund ihrer Nichtberücksichtigung in dieser Endphase suchten bereits zahlreiche Bewerber gerichtlichen Rechtsschutz. Kommt es zur finalen Vergabe, ist mit einer Vielzahl weiterer Klage- und Eilrechtsschutzverfahren der unterlegenen Bewerber zu rechnen.

Klage auch im Erfolgsfall

Doch auch erfolgreiche Bewerber werden höchstwahrscheinlich den Gang zum Verwaltungsgericht antreten. Grund hierfür sind die ökonomisch unvorteilhaften Bedingungen, welche einer Konzession zwangsläufi g anhaften, wie z.B. das Verbot lukrativer Live-Wetten, die beengende 5 %-Steuer auf den Wetteinsatz, das monatliche Einsatzlimit von 1.000 EUR und der vollständige Ausschluss von Casinospielen. Ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb sowie die Bereitstellung eines attraktiven Spielangebots bleiben bisher nur Anbietern aus Drittstaaten, etwa Malta, der Isle of Man oder Gibraltar, vorbehalten.


Fazit: Eine Novellierung des Staatsvertrags ist aufgrund der aufgezeigten Hürden im Konzessionsverfahren dringend erforderlich. Darüber hinaus sind weitere Probleme im Staatsvertrag angelegt. Ungeachtet der Frage, ob mit der bereits erfolgten Vergabe von schleswig-holsteinischen Lizenzen europarechtlichen Kohärenzvorgaben widersprochen wird, besteht Klärungsbedarf zum Thema der Spieleridentifizierung und -authentifi zierung im Hinblick auf Minderjährigenschutz und Geldwäscheprävention. Auch die aufgrund des Staatsvertrages als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift erlassene Werberichtlinie mit ihrer Ermächtigung zur behördlichen Vorab-Kontrolle von Werbekampagnen gibt Anlass zur Überprüfung. Schließlich mangelt es aus Sicht einiger Bundesländer an einer Rechtsgrundlage im Staatsvertrag für die Einbindung ihrer Spielhallen in das bundesweite Spielersperrsystem mit der Folge, dass diese Länder derzeit eigene Sperrdateien einrichten.

Marktdaten & Studien aus dem Gaming- und Gamblingmarkt

Online-Glücksspiele verzeichnen in Europa ein rasantes Wachstum. Mittlerweile gibt es in diesem Markt etwa 15.000 einschlägige Websites. Nach aktueller Einschätzung der EU-Kommission werden die Einnahmen (GGR) in diesem Markt jährlich auf über 12 Mrd. EUR wachsen. Der Gesamtumsatz alleine im Bereich der Sportwetten weltweit wird auf weit über 250 Mrd. EUR geschätzt. Hier finden Sie eine Auswahl an Statistiken, Gutachten und Studien:

 

Deutschland_42x28  Online-Lotto in Deutschland (zum Studien-Ergebnis)

Deutschland_42x28  Leichter Umsatzrückgang mit Lotterien und Wetten im Jahr 2012 (mehr)

Welt_42x28  Global Gambling Spend Just US$ 82 Per Capita

Welt_42x28  ONLINE GAMBLING EARNING UP TO $30 BILLION GLOBALLY (mehr)

Deutschland_42x28  DTLB: Jahresumsatz 2012 sank auf 6,41 Mrd. Euro – ODDSET auf 140 Mio. Euro (mehr)

Frankreich_42x28  PMU: Jahresumsatz bei der französischen PMU stieg 2012 auf 10,5 Milliarden Euro (mehr)

Deutschland_42x28  Dt. Galopp: Jahresumsatz der deutschen Galopprennbahnen sank 2012 auf 32 Mio. Euro

Deutschland_42x28  Dt. Trab: Jahresumsatz der deutschen Trabrennbahnen sank 2012 auf 24 Mio. Euro

Europa_42x28  IGB: European Legal Outlook 2012 (mehr)

Welt_42x28  PwC: Gaming-Markt wächst jährlich 7,7% (mehr)

Welt_42x28  Mobiler Glücksspielmarkt wächst bis 2017 auf 45 Mrd. USD

Schweiz_42x28  Glücksspielumsätze 2011 stiegen auf 2,8 Mrd. CHF – Euro Millions beliebter als Lotto

Deutschland_42x28  Uni Hohenheim: Eine Schätzung des nicht staatlich regulierten Marktvolumens (Mrz. 2012)

Deutschland_42x28  LOTTO: Jahresumsatz des DLTB stieg 2011 auf 6,66 Milliarden Euro (+2,5%)

 

 

News-Archiv 2011

31.12. Sportwetten: Volles Risiko unterm Affenfelsen [zum Artikel]
29.12. Stellungnahme zum aktuellen Entwurf des Staatsvertrages [zum Beitrag]
23.12. Poker um das neue Glücksspielrecht [zum Gastbeitrag]
21.12. Medienhüter beanstanden Glücksspielwerbung bei Sport1 und Kabel Eins [zur Meldung]
20.12. SPD-Spitze gegen Glücksspielgesetz [zum Artikel]
16.12. Budesrat: Entwurf eines Gesetzes zur Besteuerung von Sportwetten [zu den Drucksachen]
15.12. Länder wollen gewerbliche Sportwetten ermöglichen [zum Artikel]
15.12. Länderchefs erlauben private Sportwetten [zum Artikel]
15.12. Weiter Chaos beim Thema Sportwetten? [zum Artikel]
14.12. Glücksspielvertrag zum Scheitern verurteilt [zum Artikel]

26.10. Showdown in Lübeck: Ministerpräsidentenkonferenz berät zum Glücksspielrecht [zum Beitrag]
30.09. OVG Münster: Staatsmonopol im Bereich der Sportwetten europarechtswidrig [zur Meldung]
28.09. BGH: Verbot des Angebots privater Sportwetten und anderer Glücksspiele im Internet wirksam [mehr]

News-Archiv 2011