Hessen: Gericht verpflichtet Innenministerium zur Entscheidung über Konzessionsantrag

Sportwetten-Konzessionierungsverfahren: Verwaltungsgericht Wiesbaden verpflichtet Innenministerium zur Entscheidung über Konzessionsantrag

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat das hessische Innenministerium mit einer nunmehr in der juristischen Datenbank juris veröffentlichten Entscheidung verpflichtet, in dem seit August 2012 laufenden Sportwetten-Konzessionierungsverfahren über den Antrag eines Antragstellers innerhalb von drei Monaten zu entscheiden (Beschluss vom 20. Dezember 2013, Az. 5 L 970/13.WI).

Die acht Landeslotteriegesellschaften gehörende ODS Oddset Deutschland Sportwetten GmbH hatte beim Verwaltungsgericht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes versucht, das Ministerium zu verpflichten, ihr eine vorläufige Konzession zu erteilen. Diesen Hauptantrag lehnte das Gericht ab. Der Glücksspielstaatsvertrag sehe keine vorläufige Konzessionierung vor (Rn 21). Auch sei das Bewerbungsverfahren nicht abgeschlossen. Die Antragstellerin habe auch keine „irgendwie geartete Anwaltschaft auf eine Konzession“ erworben (Rn. 24).

Anschließend stellt das Verwaltungsgericht jedoch fest, dass eine noch längere Verfahrensdauer nicht zumutbar sei. Über den Antrag sei nicht in angemessener Zeit entschieden worden, ohne dass ein zureichender Grund dafür ersichtlich sei (Rn. 27). Das Gericht führt weiter aus:

„Arbeitsbelastung der Behörde, mangelnde personelle Ausstattung und Ungenauigkeiten im bisherigen Prüfungsverfahren können nicht als Rechtfertigkeit für die mehrjährige Dauer des Verfahrens angesehen werden. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Glücksspielstaatsvertrag zunächst nur eine Vergabe von Konzessionen für 7 Jahre vorsieht, wobei die 7-Jahres-Frist nicht etwa mit der Konzessionserteilung, sondern bereits mit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Juli 2012 zu laufen beginnt (§ 10 a Abs. 1 GlüStV). Würde erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2014 eine Konzessionsentscheidung ergehen, läge dies weder im öffentlichen Interesse (Experimentierphase) noch im Interesse der Antragstellerin, weil sie von der auf 7 Jahre angelegten Konzession nur höchstens für einen Zeitraum von 5 Jahren Gebrauch machen könnte. Auch der Erkenntnisgewinn, den sich der Gesetzgeber für die Zielerreichung durch europarechtskonforme Gestaltung des Glücksspielrechts erhofft, wäre deutlich reduziert, wenn nur 5/7 des vorgesehenen Erprobungszeitraums tatsächlich zur Verfügung stehen.“

Abschließend hält das Verwaltungsgericht fest, dass über alle Konzessionierungsanträge zeitgleich zu entscheiden sei (Rn.30), damit auch über die zahlreichen Anträge privater Anbieter. Derzeit läuft allerdings noch ein Nachbesserungsverfahren, in dem die Bewerber bis zum 14. März 2014 noch Unterlagen beim Ministerium einreichen können.

… zu den Beschlüssen der Hessischen Gerichte

Glücksspielmonopol kommt erneut vor EuGH

Der Europäische Gerichtshof muss sich erneut mit dem österreichischen Glücksspielmonopol befassen. Anlass diesmal ist eine Millionenklage eines Spielers gegen einen Internetwettanbieter. Der Oberste Gerichtshof rief in dem Fall das Gericht in Luxemburg an, weil das Glücksspielgesetz gegen die EU-Dienstleistungsfreiheit verstoßen könnte. Im Casinobereich hatte der EuGH das Monopol 2010 gekippt.

Anbieter von Internetwetten und -glücksspielen, zum Beispiel der österreichisch-britische Marktführer bwin.party oder der kleinere, ebenfalls aus Österreich stammende Konzern bet-at-home, agieren in vielen EU-Staaten im rechtlichen Graubereich. Trotz so manchen Verbots machen sie aber Milliardenumsätze, denn im Web gibt es de facto keine Landesgrenzen. Europas Anbieter agieren meist mit einer Lizenz aus Malta oder Gibraltar, mit der sie dann ihr Angebot vielen EU-Bürgern zugänglich machen. Sie berufen sich dabei auf die Dienstleistungsfreiheit der EU, was Nationalstaaten bzw. Monopolisten nicht immer schmeckt.

In Österreich sind Sportwetten, im Gegensatz etwa zu Deutschland, erlaubt, sie fallen nicht unter das Glücksspielmonopol. Glücksspiele wie Roulette hingegen dürfen theoretisch nur die Österreichischen Lotterien über ihre Homepage win2day anbieten – mittlerweile die Cashcow des Casino-Austria-Konzerns. Die Lizenz für Online-Glücksspiel hängt hierzulande an der Lotterienkonzession. Praktisch können Österreicher freilich auch auf vielen anderen Webportalen zocken.

Darf der österreichische Gesetzgeber überhaupt die EU-Grundfreiheiten derart beschränken? Um diese Frage drehen sich viele Verfahren, denn das heimische Glücksspielgesetz (GSpG) wird auch nach seiner Novellierung infolge des EuGH-Urteils aus dem Jahr 2010 von vielen in der Branche sowie Juristen für EU-rechtswidrig gehalten. Häufiges Argument: Monopole seien EU-rechtsmäßig ok, wenn sie tatsächlich dem Schutz der Bürger – in dem Fall vor übermäßigem Zocken respektive Spielsucht – dienen, nicht jedoch, wenn der Monopolist überschießend für Glücksspiel wirbt. In Österreich werfen das Vertreter von privaten Internetkonzernen immer wieder den Lotterien vor.

.. zur OHG-Entscheidung

FC Schalke darf weiter für Anbieter von Wetten werben

Der Bundesligist FC Schalke 04 darf auf seiner Internetseite weiter Werbung für einen Anbieter von Fußballwetten machen.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hob ein Verbot der Regierung von Mittelfranken auf (Aktenzeichen AN 4 K 12.01406). Die Bezirksregierung hatte Schalke 2011 die Glücksspiel-Banner untersagt und 10 000 Euro Zwangsgeld angedroht.

Der damals gültige Glücksspielstaatsvertrag hatte Werbung für Glücksspiele im Internet untersagt, sofern sie aus Bayern abrufbar war. Schalke entfernte die Werbung nicht und zog vor Gericht. Die Urteilsbegründung wird in einigen Wochen erwartet. Die Regierung von Mittelfranken kann Rechtsmittel einlegen.

(Quelle: swp.de)

Bericht von der mündlichen Verhandlung

Bundesverwaltungsgericht: Wann Poker ein Glücksspiel ist

Bloße Teilnahmegebühr macht Poker-Turnier noch nicht zum entgeltlichen Glücksspiel

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass ein Poker-Turnier in der Variante „Texas Hold’em“ jedenfalls dann kein Glücksspiel im Sinne des § 284 Strafgesetzbuch und des § 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag ist, wenn von den Spielern lediglich eine Teilnahmegebühr von 15 € verlangt wird, die allein die Veranstaltungskosten deckt.

Die Klägerin veranstaltet in Mitteldeutschland Poker-Turniere in der Variante „Texas Hold’em“. Sie wollte im Juni 2010 ein sog. Qualifikationsturnier in Lutherstadt Wittenberg durchführen, das jedermann zur Teilnahme offen stand und dessen Gewinnern – abgesehen von geringwertigen Pokalen – die unentgeltliche Teilnahme zu weiteren Turnieren eröffnete, bei denen größere Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Die beklagte Stadt Lutherstadt Wittenberg untersagte das Turnier mit der Begründung, es handele sich um ein verbotenes Glücksspiel. Nach erfolglosem Widerspruch hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie unter anderem vortrug, die Teilnehmer hätten über eine Teilnehmergebühr i.H.v. 15 € hinaus keinen geldwerten Einsatz zu leisten, weshalb es sich nur um ein Unterhaltungsspiel handele. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, auch eine bloße Teilnahmegebühr sei ein Entgelt für die Erlangung einer Gewinnchance, weil damit der Weg zur Erlangung von Gewinnen eröffnet werde.

Auf die Sprungrevision der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Zwar liegt ein Glücksspiel vor, wenn von den Teilnehmern ein Entgelt für die Erlangung einer Gewinnchance abverlangt wird. Hierfür genügt jedoch nicht jede Geldzahlung, erforderlich ist vielmehr, dass das Entgelt gerade für die Gewinnchance gefordert wird, dass also zwischen der Zahlung und der Gewinnchance ein notwendiger Zusammenhang besteht. Daran fehlt es bei einer bloßen Teilnahmegebühr jedenfalls dann, wenn damit ausschließlich oder doch ganz überwiegend die Veranstaltungskosten gedeckt werden. Weil das Verwaltungsgericht bislang nicht geklärt hat, ob die von der Klägerin verlangte Zahlung diese Voraussetzungen erfüllt, wurde die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

BVerwG 8 C 26.12 – Urteil vom 22. Januar 2014

Vorinstanz:
VG Halle 3 A 124/11 – Urteil vom 11. Juni 2012

Der Glücksspielstaatsvertrag 2012 – Konzessionsvergabe mit Hindernissen

Beitrag aus MELCHERS LAW: GLÜCKSSPIELRECHT

Am 12. und 13. September fand in Erfurt die Jahreskonferenz der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder statt. Punkt 3 der Tagesordnung beinhaltete die Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags.

Hierbei handelt es sich um denselben Staatsvertrag, welcher erst vor gut einem Jahr, am 01.07.2012, in Kraft trat und zum Ziel hatte, die Glücksspiellandschaft in Deutschland – unter Beibehaltung des staatlichen Lotteriemonopols – zu modernisieren. Zugleich sieht er die Vergabe von 20 Konzessionen an private Unternehmen vor, welche die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten über das Internet erlauben sollen. Ungeachtet der beträchtlichen bereits im Vorfeld geäußerten Kritik am Regelungsmodell begannen die Länder am 08.08.2012 unter der Federführung des Hessischen Innenministeriums mit dem Ausschreibungsverfahren für die Konzessionen.

Mangelnde Transparenz im Vergabeverfahren

Eben jenes Vergabeverfahren konnte bis heute nicht erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. Die Gründe hierfür sind zahlreich. Das zweistufig angelegte, durchaus anspruchsvolle Verfahren, in dessen Verlauf die Bewerber zahlreiche Unterlagen – etwa zur persönlichen Zuverlässigkeit, wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und informationstechnologischen Expertise – beibringen und Erklärungen abgeben mussten, erfuhr deutliche Verzögerungen. Diese waren bedingt durch mehrere behördlich angeordnete Fristverlängerungen, welche ihrerseits maßgeblich durch einen sprunghaft ansteigenden Katalog von Fragen zum zuvor herausgegebenen Informationsmemorandum verursacht wurden. Der Verfahrensablauf wurde von vielen Konzessionsbewerbern als intransparent bewertet mit der Folge, dass sich das Ministerium insgesamt 599 formal eingereichten Fragen zum Verfahren stellen musste. Die Kritik an der Verfahrenstransparenz teilte auch das VG Wiesbaden in seiner Entscheidung in Sachen Victor Chandler (Beschluss vom 30.04.2013 – Az.: 5 L 90/13. WI). In der die Stufe 2 abschließenden Verhandlungsrunde, welche Mitte März stattfand, wurde lediglich 14 Kandidaten die Möglichkeit zur persönlichen Vorstellung ihrer Sicherheits- und Sozialkonzepte gegeben. Aufgrund ihrer Nichtberücksichtigung in dieser Endphase suchten bereits zahlreiche Bewerber gerichtlichen Rechtsschutz. Kommt es zur finalen Vergabe, ist mit einer Vielzahl weiterer Klage- und Eilrechtsschutzverfahren der unterlegenen Bewerber zu rechnen.

Klage auch im Erfolgsfall

Doch auch erfolgreiche Bewerber werden höchstwahrscheinlich den Gang zum Verwaltungsgericht antreten. Grund hierfür sind die ökonomisch unvorteilhaften Bedingungen, welche einer Konzession zwangsläufi g anhaften, wie z.B. das Verbot lukrativer Live-Wetten, die beengende 5 %-Steuer auf den Wetteinsatz, das monatliche Einsatzlimit von 1.000 EUR und der vollständige Ausschluss von Casinospielen. Ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb sowie die Bereitstellung eines attraktiven Spielangebots bleiben bisher nur Anbietern aus Drittstaaten, etwa Malta, der Isle of Man oder Gibraltar, vorbehalten.


Fazit: Eine Novellierung des Staatsvertrags ist aufgrund der aufgezeigten Hürden im Konzessionsverfahren dringend erforderlich. Darüber hinaus sind weitere Probleme im Staatsvertrag angelegt. Ungeachtet der Frage, ob mit der bereits erfolgten Vergabe von schleswig-holsteinischen Lizenzen europarechtlichen Kohärenzvorgaben widersprochen wird, besteht Klärungsbedarf zum Thema der Spieleridentifizierung und -authentifi zierung im Hinblick auf Minderjährigenschutz und Geldwäscheprävention. Auch die aufgrund des Staatsvertrages als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift erlassene Werberichtlinie mit ihrer Ermächtigung zur behördlichen Vorab-Kontrolle von Werbekampagnen gibt Anlass zur Überprüfung. Schließlich mangelt es aus Sicht einiger Bundesländer an einer Rechtsgrundlage im Staatsvertrag für die Einbindung ihrer Spielhallen in das bundesweite Spielersperrsystem mit der Folge, dass diese Länder derzeit eigene Sperrdateien einrichten.