Beitrag aus MELCHERS LAW: GLÜCKSSPIELRECHT
Am 12. und 13. September fand in Erfurt die Jahreskonferenz der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder statt. Punkt 3 der Tagesordnung beinhaltete die Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags.
Hierbei handelt es sich um denselben Staatsvertrag, welcher erst vor gut einem Jahr, am 01.07.2012, in Kraft trat und zum Ziel hatte, die Glücksspiellandschaft in Deutschland – unter Beibehaltung des staatlichen Lotteriemonopols – zu modernisieren. Zugleich sieht er die Vergabe von 20 Konzessionen an private Unternehmen vor, welche die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten über das Internet erlauben sollen. Ungeachtet der beträchtlichen bereits im Vorfeld geäußerten Kritik am Regelungsmodell begannen die Länder am 08.08.2012 unter der Federführung des Hessischen Innenministeriums mit dem Ausschreibungsverfahren für die Konzessionen.
Mangelnde Transparenz im Vergabeverfahren
Eben jenes Vergabeverfahren konnte bis heute nicht erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. Die Gründe hierfür sind zahlreich. Das zweistufig angelegte, durchaus anspruchsvolle Verfahren, in dessen Verlauf die Bewerber zahlreiche Unterlagen – etwa zur persönlichen Zuverlässigkeit, wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und informationstechnologischen Expertise – beibringen und Erklärungen abgeben mussten, erfuhr deutliche Verzögerungen. Diese waren bedingt durch mehrere behördlich angeordnete Fristverlängerungen, welche ihrerseits maßgeblich durch einen sprunghaft ansteigenden Katalog von Fragen zum zuvor herausgegebenen Informationsmemorandum verursacht wurden. Der Verfahrensablauf wurde von vielen Konzessionsbewerbern als intransparent bewertet mit der Folge, dass sich das Ministerium insgesamt 599 formal eingereichten Fragen zum Verfahren stellen musste. Die Kritik an der Verfahrenstransparenz teilte auch das VG Wiesbaden in seiner Entscheidung in Sachen Victor Chandler (Beschluss vom 30.04.2013 – Az.: 5 L 90/13. WI). In der die Stufe 2 abschließenden Verhandlungsrunde, welche Mitte März stattfand, wurde lediglich 14 Kandidaten die Möglichkeit zur persönlichen Vorstellung ihrer Sicherheits- und Sozialkonzepte gegeben. Aufgrund ihrer Nichtberücksichtigung in dieser Endphase suchten bereits zahlreiche Bewerber gerichtlichen Rechtsschutz. Kommt es zur finalen Vergabe, ist mit einer Vielzahl weiterer Klage- und Eilrechtsschutzverfahren der unterlegenen Bewerber zu rechnen.
Klage auch im Erfolgsfall
Doch auch erfolgreiche Bewerber werden höchstwahrscheinlich den Gang zum Verwaltungsgericht antreten. Grund hierfür sind die ökonomisch unvorteilhaften Bedingungen, welche einer Konzession zwangsläufi g anhaften, wie z.B. das Verbot lukrativer Live-Wetten, die beengende 5 %-Steuer auf den Wetteinsatz, das monatliche Einsatzlimit von 1.000 EUR und der vollständige Ausschluss von Casinospielen. Ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb sowie die Bereitstellung eines attraktiven Spielangebots bleiben bisher nur Anbietern aus Drittstaaten, etwa Malta, der Isle of Man oder Gibraltar, vorbehalten.
Fazit: Eine Novellierung des Staatsvertrags ist aufgrund der aufgezeigten Hürden im Konzessionsverfahren dringend erforderlich. Darüber hinaus sind weitere Probleme im Staatsvertrag angelegt. Ungeachtet der Frage, ob mit der bereits erfolgten Vergabe von schleswig-holsteinischen Lizenzen europarechtlichen Kohärenzvorgaben widersprochen wird, besteht Klärungsbedarf zum Thema der Spieleridentifizierung und -authentifi zierung im Hinblick auf Minderjährigenschutz und Geldwäscheprävention. Auch die aufgrund des Staatsvertrages als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift erlassene Werberichtlinie mit ihrer Ermächtigung zur behördlichen Vorab-Kontrolle von Werbekampagnen gibt Anlass zur Überprüfung. Schließlich mangelt es aus Sicht einiger Bundesländer an einer Rechtsgrundlage im Staatsvertrag für die Einbindung ihrer Spielhallen in das bundesweite Spielersperrsystem mit der Folge, dass diese Länder derzeit eigene Sperrdateien einrichten.